Burger Schloz Magazin - Fruehjahr/Sommer-2024

37 Als Sie in Stuttgart angefangen haben zu spielen, stand Jogi Bitter im Tor und Manuel Späth war Kreisläufer. Beides Leitwölfe? SR: Ja, und als sie das Team verlassen haben, habe ich diese Rolle angenom- men. Und von da an gemerkt, wie hoch der Druck ist. Im Leistungs- sport ja generell, jedoch als Füh- rungsspieler immens. Beide sind sehr gute Mentalitätsvorbilder. Da habe ich viel mitgenommen. Was genau? SR: Ich habe durch sie und durch Mentaltraining gelernt, im Hier und Jetzt zu sein. Und mich nicht zu grämen, wenn eine Aktion nicht so gut war. Stattdessen den Kopf hoch- zunehmen und weiterzumachen, als ob nichts gewesen wäre. Das ist, glaube ich, was jeder Leistungssport- ler können will: Positiv in die nächste Aktion gehen – egal was davor war. Wie schaffen Sie es, das im Spiel umzusetzen? SR: Als Abwehrspieler habe ich während des Angriffs Zeit auf der Bank. Bewusst zwei, drei Atemzüge nehmen und mich dadurch beruhi- gen, ist so eine Technik. Es geht darum zu erkennen, wie ich im Leben stehe. Wie will ich mit meinen Mitspielern umgehen, mit allen Menschen? Den Fokus zu weiten und das Drama aus Situationen zu nehmen, ist die Kunst. Stichwort Mitmenschen. Beim TVB sind Sie Ausländer. Wie fühlen Sie sich in Deutschland und Ihrem Wohnort Waiblingen? SR: Sehr wohl. Anfangs bin ich alle drei Wochen nach Hause gefahren. Als meine damalige Freundin und heutige Frau Sandra nach zwei Jah- ren mit nach Stuttgart kam, wurde es deutlich weniger (lacht). Ich bin interessiert an meinem Umfeld, will wissen, wer neben mir lebt, wohin ich zum Frisör gehen oder wo ich gute Kässpätzle essen kann. Wobei Sie sagen, dass Sie täglich kochen. SR: Sandra und ich versuchen jeden Abend vorzukochen. Ich weiß heute, welches Essen ich vertrage und welches nicht. Wenn ich selbst koche, habe ich das am besten in der Hand. Das ist wichtig für meinen Beruf. Einen Gaisburger Marsch bekomme ich noch nicht so gut hin wie die Schwaben. Aber wissen Sie was? Was denn? SR: Ich lebe als Profisportler sehr privilegiert. Ich lerne täglich Men- schen und deren Kulturen kennen. Ich habe Freunde in Holland, Schwe- den oder Mazedonien. Die Herkunft spielt im Sport keine Rolle. Stattdes- sen haben wir ein Ziel, für das wir arbeiten. Dieser Teamgedanke ist etwas, das wir uns heute als Gesell- schaft zum Vorbild nehmen sollten. Als Stammkraft in Stuttgart sind Sie es gewohnt, gegen den Ab- stieg zu spielen. Was macht das mit einem Sportler, der ja mög- lichst immer gewinnen will? SR: Das macht schon etwas mit einem. Allerdings ist das wie mit meiner Position als Abwehrspieler. Früher habe ich gerne im Angriff gespielt. Ich sehe jedoch, wo meine Stärken liegen und an welchen Poten- zialen ich noch arbeiten kann. So ist das auch mit dem Abstiegskampf. Ich sehe in jeder Niederlage – nicht sofort, sondern mit Abstand – was ich besser machen kann. Das ist eine gute Lebensschule. DIE KUNST IST ES, DEN FOKUS ZU WEITEN Inside Burger Schloz

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